Über 15 Jugendliche gestalten im Graffiti-Workshop den Sonnengarten neu.
Der Spielplatz „Am Sonnengarten“ im Mannheimer Stadtteil Herzogenried war lange ein Sorgenkind. Nach dem Abbau der Spielgeräte blieb eine ungenutzte Fläche, die von Vandalismus geprägt war und eher gemieden wurde. Anwohnerinnen und Anwohner beklagten immer wieder Lärm, Müll und Störungen. Zwischen dem 5. und 8. August 2025 verwandelten über 15 Jugendliche aus dem Viertel gemeinsam mit dem Künstler Bryan Vit, bekannt als STATIC FANATIC, die Spielfläche. Sie brachten Farbe, Ideen und ihr Lebensgefühl ein und machten den Sonnengarten wieder zu einem einladenden Ort für alle.
Vier Tage – ein gemeinsamer Prozess
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Tag 1 – Grundlagen und erste Skizzen
Zum Einstieg gab es eine Einführung in die Geschichte und Stile von Graffiti. Gemeinsam wurden Schriftarten, Farben und Techniken betrachtet. Anschließend entstanden die ersten Entwürfe auf Papier. Jede*r konnte ausprobieren, ohne Druck, mit Unterstützung des Künstlers und der Gruppe.
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Tag 2 – Eigene Handschrift finden
Die Jugendlichen entwickelten ihre eigenen Schriftzüge und wählten teilweise einen „Writer-Namen“. Ziel war es, einen persönlichen Ausdruck zu finden, mit dem sie sich identifizieren. Parallel wurden erste Übungen mit der Spraydose durchgeführt – Technik, Handhabung und Linienführung standen im Vordergrund.
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Tag 3 – Umsetzung an der Wand
Die Entwürfe wurden auf die Wände des Spielplatzes übertragen. In kleinen Gruppen sprühten die Jugendlichen ihre Motive. Familien und Kinder aus der Nachbarschaft kamen vorbei und beobachteten begeistert die Entstehung. Für die Jugendlichen war dieses direkte Feedback ein zusätzlicher Ansporn.
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Tag 4 – Feinschliff und Abschluss
Am letzten Tag wurden Details ausgearbeitet und die Wände fertiggestellt. Wieder kamen neugierige Kinder und Erwachsene vorbei, bestaunten die frischen Farben. Zum Abschluss gab es Pizza für alle Teilnehmenden – eine Gelegenheit, gemeinsam zurückzuschauen und die fertig gestalteten Wände zu würdigen.
Resonanz aus der Nachbarschaft
Die Reaktionen aus dem Viertel waren oft positiv. Familien freuten sich über den sichtbaren Wandel des Platzes, Kinder reagierten begeistert. Viele blieben länger, stellten Fragen und erzählten, wie sehr sie sich auf das Spielen in dieser neuen Umgebung freuen. Diese Begegnungen zeigten, dass es nicht nur um künstlerische Gestaltung ging, sondern auch um gemeinsames Erleben: Jugendliche, Kinder und Erwachsene teilten die Erfahrung, dass öffentlicher Raum durch Engagement und Kreativität neu gewonnen werden kann.
Warum Graffiti ein guter Zugang ist
Graffiti ist direkt, sichtbar und ermöglicht Jugendlichen, ihre Ideen im öffentlichen Raum zu zeigen. Viele erleben dadurch, dass ihr Handeln Wirkung hat – eine wichtige Erfahrung, gerade in einem Stadtteil, in dem nicht alle dieselben Chancen haben. Das Arbeiten mit der Spraydose macht Spaß, erfordert aber auch Konzentration, Geduld und Teamarbeit. Diese Mischung schafft gute Bedingungen, um ins Gespräch zu kommen – über Themen, die die Jugendlichen bewegen und ihre Wünsche für den Stadtteil.
Besonders wertvoll: Über das gemeinsame Arbeiten entstanden Vertrauen und Offenheit. Die Jugendlichen fühlten sich gesehen und verstanden und begannen, persönliche Erfahrungen zu teilen – Momente, die nicht oft vorkommen und einen tiefen pädagogischen Wert haben.
Durch den Workshop entwickelten die Jugendlichen technische Skills, Selbstwirksamkeit, Teamfähigkeit und Verantwortungsbewusstsein. Sie erlebten Stolz auf ihre Arbeit und die Freude, etwas Sichtbares zu schaffen, das im Alltag vieler Menschen bleibt.
Class Rebels – Kontext und Zielsetzung
Class Rebels ist ein Projekt, das Jugendliche über kreative Formate stärkt und ihnen zugleich ermöglicht, gesellschaftliche Themen wie Klassismus und intersektionale Diskriminierung zu reflektieren und aktiv zu bearbeiten. Dabei steht nicht die Methode an sich im Vordergrund, sondern die Bedürfnisse, Interessen und Lebensrealitäten der Jugendlichen: Das Team orientiert sich daran, welche Themen die Jugendlichen beschäftigen und welche Ausdrucksformen ihnen am meisten zusagen.
Über wöchentliche Treffen über ein Jahr werden verschiedene kreative Formate ausprobiert – von Graffiti über Musik, Performance oder andere künstlerische Ausdrucksweisen – und diejenigen vertieft, die den Jugendlichen besonders wichtig sind. Die Referent*innen von Class Rebels sind nicht nur pädagogisch erfahren, sondern stehen auch persönlich in Verbindung mit den Jugendlichen und wissen aus eigener Erfahrung, wie viel Motivation, Empowerment und persönliche Entwicklung kreative Arbeit freisetzen kann. Diese Verbindung ermöglicht es, die Jugendlichen fachlich und menschlich zu begleiten und ihnen einen Raum zu geben, in dem sie ihre Ideen, Sorgen und Perspektiven sichtbar machen können.
Partnerinnen
Bryan Vit (STATIC FANATIC) – künstlerische Leitung
Art Walks Art Talks – Einbindung des Quartiers und künstlerische Begleitung
Quartiermanagement Herzogenried – Verbindung ins Viertel, Organisation
Class Rebels – Material, Verpflegung, pädagogische Begleitung
Montana Cans – Bereitstellung von Sprühdosen
Jugend- und Gesundheitsamt Mannheim – finanzielle Förderung
GBG Mannheim – technische Vorbereitung des Platzes
Ein großes Dankeschön geht an alle Partner und Unterstützer – und ganz besonders an die Jugendlichen, die mit Kreativität, Ausdauer und Offenheit dabei waren.
photo: Jan Hertel for IRC

